(Vorabdruck)
Die ORF-Sendung „Kulturmontag“ vom 30.9. hat bekannte Kulturschaffende und -vermittelnde befragt, was sie sich von der künftigen Regierung in Sachen Kunst und Kultur am Ehesten wünschen. Die Generalsekretärin der Gesellschaft der Freunde der bildenden Künste Silvia Eisenburger hat sich dabei für mehr Kultur in den Medien ausgesprochen. Konrad Paul-Liessmann würde sich freuen, wenn an den Kulturveranstaltungen mehr PolitikerInnen zu sehen wären.
In den Wahlkampagnen der vergangenen Wochen war von einer Stärkung von Kunst und Kultur hingegen so gut wie nichts zu hören, dafür viel von Wirtschaft, und dass es uns allen gutgehe, wenn’s denn der Wirtschaft … ein alter Hut. Keine einzige Partei plädierte für einen wichtigeren Stellenwert der Kunst.
Autonome Felder
Wohlstands- Wettbewerbs- und Leistungserzählung sind überall und mächtig präsent, nicht nur in der Politik und Wirtschaft, sondern auch in den Köpfen der Einzelnen. Doch in den autonomsten Feldern unserer Gesellschaft stellt sich die Wirklichkeit anders dar. In der Philosophie, Soziologie, in der Kunst und auch in den Religionen. In diesen, in der sozialen Hierarchie weit unter der Politik angesiedelten, im Prinzip machtlosen Feldern bestreitet kaum jemand, dass intakte Beziehungen zu den Menschen, anderen Lebewesen und zur Natur oberste Priorität haben müssen.
In diesem Raum ist man sich darüber hinaus offenbar einig, dass eine Wirtschaft nur dann Grundlage unseres Lebens sein kann, wenn sie die Natur nicht zerstört. Eine Wirtschaft, welche die Natur, die Basis unseres Lebens, ausbeutet, ist umgehend zu stoppen.
Die Rolle der Medien
Um den aktuellen Weltzustand in eine lebenswerte Richtung zu lenken, muss (schon allein wegen der miteinander verschränkten Weltwahrnehmung der Bevölkerung und Politik) in den Medien über die Erkenntnisse, Sichtweisen des oben genannten kulturellen und intellektuellen Feldes deutlich mehr berichtet werden. Nicht nur am Rande und in speziellen Programmen. Nicht erst ab 22.30 Uhr. Nicht am Schluss von Sendungen.
Wir brauchen mehr Kultur, in den Schulen, sozialen Medien und in allen Radiojournalen und breite Berichterstattung in TV-Nachrichtensendungen. Die derzeit üblichen kurzen Erwähnungen von interessanten Büchern oder empfehlenswerten Veranstaltungen am Schluss werden nicht reichen.
Meinen es der ORF und diverse Printmedien ernst mit dem Bildungsauftrag, so müssen vor allem die Nachrichtformate thematisch neu gewichtet werden. Dabei sollte der Kulturberichterstattung mindestens so viel Zeit eingeräumt werden wie wirtschaftlichen und politischen Analysen.
Kunst ist mehr als ein Trostspender. In ihr wird die Beschaffenheit der Welt verhandelt, werden bestehende Lebensweisen, Existenzen, das Dasein an sich anschaulich und hautnah vermittelt. Es muss nicht immer um den klassischen Literaturkanon oder die große Oper gehen. Ab und an öffnet schon eine einfache Melodie oder Geschichte unsere Augen für erstrebenswerte Mensch- und Weltbeziehengen.
Um die Welt signifikant zu verbessern – und ich gehen davon aus, dass wir das alle wollen – muss noch einiges getan werden. Die zentrale Aufgabe der Medien bestünde darin, den Stimmen der Kulturschaffenden deutlich mehr Raum zu geben, ihre Botschaften aus den untergeordneten Nischen zu kramen und an die breite Öffentlichkeit zu tragen. Und damit auch in die die Politik. Vieles spricht dafür, dass sich die Beziehungsqualität der Menschen untereinander und deren Friedfertigkeit dadurch verbessert. Und das macht viel aus.